Max Reger ist noch immer kein besonders populärer Komponist, seine Werke gelten als eher schwierig. Ist da etwas dran?
In gewisser Weise stimmt das. Aber mir ist trotzdem oder gerade deshalb wichtig, ihn einmal genauer zu beleuchten. Und dann bitte möglichst enzyklopädisch: Wir präsentieren sämtliche Variationszyklen von Reger und sämtliche Choralfantasien für Orgel!
Wie war Ihre erste Begegnung mit Max Reger?
Eine meiner ersten Schallplatten in meiner Jugend war eine Aufnahme der Mozart-Variationen von Reger. Und auf der Orgel durfte ich schon früh Werke von Reger spielen. Die Fuge war ein Prinzip, das mich immer gereizt hat. Das äußerte sich auch in der Schule, da mussten wir Bachs C-Dur-Fuge aus dem Wohltemperiertem Klavier analysieren, das hab‘ ich damals brillant gemacht. Und im Abitur habe ich einen Generalbass ausgesetzt, ein Orgelstück, das vorbereitet sein durfte. Also, Musik hat mir das Abitur gerettet! Aber zurück zu Reger: Er hat mich immer fasziniert. Ein Traum waren für mich die Orchesterwerke.
Was genau reizt Sie daran?
Die Fugen. Diese Variationszyklen sind ja immer Variationen und Fuge. Wertvoller als die Mozart-Variationen sind meiner Meinung nach eigentlich die Hiller-Variationen, die sind wie das Brahms Doppelkonzert und Mahlers Fünfte seinerzeit im Gürzenich uraufgeführt worden. Und wir machen sie genau dort jetzt erstmals mit den Instrumenten der Reger-Zeit.
Was ist das manische Thema von Reger?
Variationen, Passacaglia und Fugen. Und der protestantische Choral.
Was gibt es noch beim Festival?
Wir können nicht alles abdecken und von allem ein bisschen geht schon gar nicht. Aber wir werfen einen Blick auf die Kammermusik, auf das Orchesterwerk und sein vokales Schaffen, das ja auch sehr reich war.
Wie erklärt man jemanden, der Reger gar nicht kennt, ganz einfach dessen besondere Qualität, den Reiz seiner Musik?
Ich sage ja immer: Man hört nur, was man weiß. Deshalb machen wir als Willkommens-Veranstaltung zur Einführung eine Art Mini-Querschnitt durch das Programm und kombinieren Reger mit Musik von Johann Sebastian Bach, denn wir sind ja ein Bach-Festival. Es gibt Reger, ein Brandenburgisches Konzert und eine Bach-Kantate.
Was ist noch besonders am Programm dieser Ausgabe?
Wir präsentieren alle Choralfantasien, und das Besondere daran, was es noch nie gegeben: alle an einem Tag. Und zwar mit Martin Schmeding an der Orgel, von dem ich mal behaupten würde, er ist fast so etwas wie eine Reinkarnation von Max Reger, er ist Reger. Ein Glücksfall.
Und was bietet der „enzyklopädische Ansatz“ noch?
Die Klavierwerke Regers mit Markus Becker, noch so ein Reger-Spezialist, er hat das Gesamtwerk für Klavier eingespielt.
Und in Sachen Bach?
Am Samstag werden wir das Bach-Buch von Michael Maul, dem Intendanten des Bach-Fests Leipzig vorstellen. Maul ist ungeheuer mitreißend und hat echte Entertainer-Qualitäten.
Was ist das Herzstück des Festivals?
Der Gürzenich-Tag: Da gibt es Reger und Bach im Wechsel, interessante Werke für Geige, Bratsche und Cello solo, sehr erdige, dunkle Musik. Dann gibt es Bachs „Goldberg-Variationen“ im Arrangement von Rheinberger, das Reger beschriftet hat, für zwei Klaviere, Herbert Schuch spielt die Mozart-Variationen und vieles mehr.
Warum ist in diesem Jahr der Eintritt zu allen Konzerten außer dem Kaffee-Konzert frei?
Auch beim Kaffee-Konzert ist die Musik frei, nur Kaffee und Kuchen müssen bezahlt werden. Ich möchte gerne möglichst vielen Leuten ein Konzerterlebnis ermöglichen. Und dass sie dabei einen Komponisten kennenlernen können, der sich sehr direkt auf Bach bezieht.
Was verbindet Bach und Reger?
Ich würde sagen, Reger ist in gewisser Weise Bachs Bruder im Geiste?